Ich denke, wir können uns alle an die bewegenden Bilder erinnern, die uns seit September 2022 über die sozialen Medien erreicht haben. Im Wind wehende Haare, entschlossene Gesichter, Feuer in den Strassen und Feuer in den Herzen der mutigen Leute, die für Dinge kämpfen, die für uns selbstverständlich sind, oder es sein sollten. Doch in den letzten Wochen hörte und las man immer weniger über die Proteste im Iran. Das liegt aber nicht daran, dass die Proteste vorbei sind, eher im Gegenteil.
Laut der Tagesschau sind auf Social Media erneut Videos aufgetaucht, auf denen hunderte Menschen gegen das Regime protestieren. Die Videos sollen aus Sistan-Belutschistan stammen, welches als Zentrum der Protestbewegung gilt. Die Echtheit der Aufnahmen ist zwar nicht garantiert, jedoch ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung den Kampf noch nicht aufgegeben hat. Das ist sehr beeindruckend, wenn man bedenkt, wie wenige Skrupel das Regime bei der Bekämpfung der Unruhen hat.

Tägliche Menschenrechtsverletzungen Laut Einschätzungen von Menschenrechtlern sind bei den Protesten über 500 Menschen getötet worden. Es wurden sogar vier Demonstranten offiziell hingerichtet und die Verhaftungen nehmen nicht ab. Über Social Media vermitteln AktivistInnen europäischen PolitikerInnen Patenschaften zu inhaftierten DemonstrantInnen, denen das Todesurteil oder dessen Vollstreckung droht. Jene PolitikerInnen nutzen daraufhin ihren Einfluss, um faire Verfahren oder die Freilassung zu erwirken. Unter den Verhafteten befinden sich laut der NGO „Komitee zum Schutz von Journalisten“ auch um die 90 JournalistInnen. Wegen dieser Menschenrechtsverletzungen haben die USA und die EU stärkere Sanktionen angekündigt, was unter anderem zu einem starken Einbruch im Wert des iranischen Rial führte.
Wie geht es weiter?
Mittlerweile hat der Widerstand auch in den Alltag der Menschen Einzug gehalten. In vielen Städten im Iran tragen Frauen ihre Kopftücher nicht mehr, obwohl sie sich dadurch in grosse Gefahr begeben. Bald wird sich dieses Risiko noch erhöhen, denn in letzter Zeit hiess es vermehrt, man wolle nach Vorbild des Verbündeten China Überwachungstechnologie in öffentlichen Räumen installieren, um Verstösse dieser Art systematisch verfolgen zu können. Auch ist es unwahrscheinlich, dass es auf Seiten des Regimes bald ein Einsehen gibt, denn die Unterdrückung der Frau durch die Kopftuchpflicht und die Scharia ist ein Pfeiler der Regierung. Wenn in diesem Punkt nachgegeben wird, wird das Regime zerbröckeln.