In der deutschen Bundestagswahl vom letzten Sonntag erzielte die AfD über 20% der Wählerstimmen. Woher kommt der wachsende Zuspruch aus der Bevölkerung, während die etablierten deutschen Parteien eine Koalition mit der AfD klar ablehnen?

Es waren angespannte Wochen, sowohl für die Parteien als auch für die Stimmbürger, vor allem im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in Deutschland. Auch beim unberechtigten Stimmvolk liessen sich Spannungen erkennen, da die politischen Ergebnisse sie in vielerlei Hinsicht betreffen. Jetzt, nach den Wahlergebnissen, haben sich die Unruhen noch lange nicht gelegt, es herrschen weiterhin hitzige Debatten über mögliche Koalitionen und den Wahlzuspruch für die AfD. Ganze 10% hat die Partei seit der letzten Wahl 2021 gewinnen können. Der Kanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, spricht sogar von einem „besorgniserregenden Rechtsrutsch in Deutschland“. Und auch beim deutschen Stimmvolk trifft der Erfolg der rechtspopulistischen Partei auf viel Gegenwind.
Wie lässt es sich erklären, dass die AfD sowohl auf viel Zuspruch als auch auf starken Widerstand trifft?
Ein ausschlaggebender Punkt für den Zuwachs an Wählern ist die Unzufriedenheit vieler mit den etablierten Parteien. Viele Wähler fühlen sich von den anderen Parteien nicht mehr genug repräsentiert und sehen sich vernachlässigt. Die AfD suggeriert, wie schon der Name verrät, eine Alternative zu den anderen etablierten Parteien zu sein und verfolgt den Ansatz, für komplexe Probleme einfache Lösungen zu finden. Die AfD befasst sich zudem stark mit dem Thema Migration, viele denken, sie sei die Partei, die endlich sage, was die Wahrheit ist. Insbesondere seitdem 2015 sehr viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, hat die AfD eine sehr harte und klare Ansicht gegenüber Asylbewerbern und Migranten angenommen. Konkret fordert die AfD beispielsweise strengere Grenzkontrollen und die konsequente Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern und illegalen Migranten.
Ein weiteres zentrales Anliegen der AfD ist das Schaffen einer inneren Sicherheit. Oftmals lässt die AfD diese beiden Themen verschmelzen und beispielsweise Migranten als Sündenbock für gesellschaftliche Probleme dastehen.
Die AfD-Gegner argumentieren, die politische Position gehe über Migrationsfragen hinaus. Die Führungskräfte führten nicht nur eine fremdenfeindliche Politik, sondern seien zu allem Überfluss auch noch rechtsextrem. Sie berufen sich beispielsweise auf diskriminierende Aussagen von Alexander Gauland 2016 über den Fussballer Jérôme Boateng: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
Die Relativierung von Rassismus seitens der AfD beschränkt sich nicht nur auf solche Aussagen. Gauland sorgte 2018 erneut für Empörung, als er während einer Veranstaltung gesagt hat, dass nicht alle Mitglieder der Schutzstaffel (SS) im nationalsozialistischen Deutschland Verbrecher waren. Des Weiteren argumentieren die Gegner, dass die AfD gezielt Hass und Falschinformationen verbreite, um ihre Anhänger zu mobilisieren und die Gesellschaft zu spalten. Auch wird der AfD nachgesagt, sie würde die Meinungs- und Pressefreiheit vernachlässigen, indem sie unabhängige Medien eindämme und kritische Äusserungen gegenüber sich selbst als Falschinformationen abtue.

Alexander Gauland (https://www.flickr.com/photos/151111144@N06/35680861650/)
Warum möchten andere Parteien keine Koalition mit der AfD eingehen und ist das dann überhaupt noch Demokratie?
Grundsätzlich ist erstmal wichtig zu wissen, dass die AfD nicht die erste wählerstarke Partei ist, die nicht in einer Regierung vertreten ist. So konnte beispielsweise Helmut Kohl bei der Bundestagswahl von 1976 einen Wählerzuspruch von 48% verbuchen, bildete letztendlich jedoch trotzdem die Opposition. Man kann also nicht von einer entbundenen Demokratie sprechen, weil der Stimmenanteil für die AfD mit 20.8% gewiss hoch, aber immer noch weit entfernt von einer absoluten Mehrheit ist. Das ausschlaggebendste Argument gegen eine Koalition mit der AfD aus Sicht der anderen Parteien ist vermutlich die Unvereinbarkeit mit ihren eigenen politischen Werten. Aus Perspektive der anderen Parteien vertritt die AfD eine rassistische, demokratiefeindliche und rechtsextreme Politik und eine Zusammenarbeit würde sich über die Grundwerte einer demokratischen Ordnung hinwegsetzen.