Fashion for Future

Fast Fashion. Die unfassbar billige Massenproduktion von Kleidung und der damit verbundene gigantische Überkonsum arten immer mehr aus. Es ist an der Zeit, unser Konsumverhalten zu hinterfragen und auf Qualität und Nachhaltigkeit zu setzen.

Alba Aderhold und Kyra Kasteel  

Es klingelt an der Tür. Mein Paket ist angekommen. Voller Vorfreude öffne ich die Kartonschachtel und probiere mein neues Sommerkleid an, das ich als Sonderangebot ergattern konnte. Schweigend betrachte ich mich im Spiegel. Ich werde nicht wie erhofft von einem Gefühl der Freude oder Zufriedenheit überrollt. Stattdessen bleibt mein Blick leer. Ich merke, dass es den Kleidungsstücken an Qualität und Präzision mangelt. Ziemlich sicher werden sie alle von Fabrikarbeitern unter miserablen Arbeitsbedingungen und Zeitdruck massenweise produziert. Der Fokus liegt wohl auf Quantität und nicht auf Qualität. Dennoch beschliesse ich, das Kleid aufgrund des billigen Preises zu behalten. Mein Sommerkleid wandert in meinen sowieso schon überfüllten Kleiderschrank, in dem es von ähnlichen Sommerkleidern nur so wimmelt. Im ganzen Sommer trage ich dieses Kleid genau ein einziges Mal.

Der Frage, welche Alternativen es überhaupt gibt, sind wir nachgegangen und sind auf zwei äusserst innovative Zürcher Modehäuser gestossen.

Eleganz, Hochwertigkeit und die Liebe zum Detail. Diese Werte zeichnen das Zürcher Modehaus «enSoie» aus. Das Unternehmen legt viel Wert auf Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und Qualität.

«EnSoie» ist ein Familienbetrieb von 1894 und wurde später von Monique Meier als «enSoie» gegründet. Heute wird das Unternehmen von ihren drei Töchtern geführt. Alle Designs werden in den Ateliers des Hauses «enSoie» entworfen und dann in Handarbeit zu hochqualitativen Stücken angefertigt. Bei «enSoie» wird das Soziale und Menschliche großgeschrieben. Ausserdem merkt man beim Besuch im Laden, dass, jeder und jede im Hause «enSoie» sich persönlich kennt und es entsteht der Eindruck, dass alle in ganzer Fülle hinter dem Entwurf und Anfertigen der Stücke stehen. Auch die Partnerfabriken in Indien und Polen gehören zur Familie. «EnSoie» steht in regem Austausch mit ihren Kooperationspartnern und besucht die Produktion jährlich. Sie arbeiten ausschliesslich mit Partnerfabriken zusammen, in denen die Arbeitnehmer unter guten Bedingungen arbeiten und mit fairen Löhnen bezahlt werden. Auf die Frage, was ihr Rezept zum Erfolg ist, antwortet Pierre Lumineau, Medienverantwortlicher bei «enSoie», mit einem Lachen. «EnSoie» arbeitet nach dem Motto «Work in progress». «Wir versuchen, unser bestehendes Konzept in einen zeitgenössischen Rahmen zu bringen.» Das stetige Kritisieren, Optimieren und Verändern macht den Brand anpassungsfähig und führt ihn zum Erfolg. Ein weiterer Aspekt ist das bekannte Maskottchen von «enSoie», der Hase, der Neugierde und Fruchtbarkeit symbolisiert. Diese beiden Eigenschaften sind stark in der Arbeitskultur von «enSoie» verwurzelt. Die Mitarbeiter werden ermutigt, neue Ideen und Entwürfe auszuprobieren und mit ihrer eigenen Kreativität zu spielen. Die wichtigsten Werte, Nachhaltigkeit, Zeitlosigkeit und Hochwertigkeit sind im fertigen Kleidungsstück wiederzufinden.

«Sne» – ein erfüllter Traum

Beim Besuch in ihrem Laden erzählt uns die Gründerin Simone Mauz, dass sie schon im Alter von 16 Jahren modebegeistert war und das Label genau so entwickelte, wie es heute steht. Nun arbeitet sie in ihrem Atelier in der Altstadt von Zürich, das direkt am Laden angeschlossen ist. Jedes einzelne Kleidungsstück wird von ihr mit Liebe und Geduld handgefertigt. «Ich lege besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und Präzision.» Um diese hohen Ansprüche an sich selbst zu erfüllen, sucht sie die Stoffe und Materialien auf Messen und bei verschiedenen Händlern aus, entwirft die Schnitte und schneidert in ihrem Atelier die Kleidungsstücke. All dies macht sie alleine, ohne andere Angestellten. Was uns sehr beeindruckt, sind die vielen Gedankenschritte und Überlegungen, die hinter jedem einzelnen Stück und den gesamten Kollektionen stecken. Sämtliche neu entworfenen Stück passen entweder durch die gleichen Farbtöne oder die gleichen Materialien zu Stücken der vergangenen Kollektionen. Dank dieser Strategie schenkt Simone Mauz jedem einzelnen Kleidungsstück die Langlebigkeit, die es verdient und wirkt damit auch Fast Fashion entgegen.

Qualität und Handarbeit bringt auch ein gewisses Preisschild mit sich. Ein Kleid von «enSoie» trägt den stolzen Preis von 780 Franken. Ein ähnliches Kleid bei H&M liegt preislich bei 32.95 Franken.

Anhand dieses Vergleiches sehen wir, dass das Kleid von «enSoie» mehr als zwanzigmal so teuer ist.

Die grosse Preisdifferenz widerspiegelt die grossen Unterschiede in der Produktion und Herstellung der beiden Kleidungsstücke. Der grosse Preis ist erforderlich, sodass die Arbeiter unter fairen Arbeitsbedingungen arbeiten können und einen gerechten Lohn erhalten. Außerdem relativiert sich der Preis der qualitativ hochwertigen Kleidungsstücke im Laufe der Zeit, da diese viel langlebiger sind. Wer in gute Qualität investiert, vermeidet ständige Neukäufe. Das Kleid von H&M wird höchst wahrscheinlich in riesigen Fabriken in Billiglohnländern, als eines von Tausend anderer solcher Kleider innert kurzer Zeit produziert. Wie man in der Dokumentation vom SRF «Fast Fashion – die dunkle Welt der Billigmode» sieht, herrschen in diesen Fabriken miserable Arbeitsbedingungen für die Fabrikarbeiter, die Tag und Nacht produzieren müssen. Dabei sind sie grossen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt und bekommen wenig bis gar kein Tageslicht zu sehen. Noch dazu kommt, ihre schlechte Entlöhnung und regelrechte Ausnutzung. Im Gegensatz dazu, das Kleid von « enSoie ». Es wird in kleiner Stückzahl von Hand gefertigt, von Arbeitern, die unter guten und fairen Bedingungen arbeiten. Gerade weil das Menschliche und Soziale bei «enSoie» an erster Stelle steht, setzten sie auf kleine Produktionsmengen, anstelle von Massenproduktion. Aufgrund der unterschiedlichen Preisklassen haben die beiden Unternehmen auch eine ganz andere Zielgruppe. Denn nur die Wenigsten können sich fair und gut produzierte Kleidungsstücke leisten.

Qualität über Quantität

Wir nehmen von den beiden Modeunternehmen mit, dass es bei Kleidung um Qualität und nicht um Quantität geht. Kleidung ist dazu da, um einem eine Freude zu bereiten. Die Freude an den einzelnen Kleidungsstücken rührt von ihrer Wertschätzung. Wer seine Kleidung wertschätzt, ist sich der Arbeit bewusst, die in einem einzigen Stück steckt. Dieses Bewusstsein führt zu gezielten Einkäufen von qualitativ hochwertigen Produkten. Diejenigen, die die dunkle Wahrheit gezielt ausblenden und ständig immer mehr billig produzierte Kleidungsstücke konsumieren, unterstützen aktiv Ausbeutung und miserable Arbeitsbedingungen. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass einem die Folgen und Konsequenzen des eigenen Überkonsums bewusst sind. Denn nur wer die Tatsachen kennt, kann seine Handlungen dementsprechend anpassen.

Am meisten beeindruckt hat uns die Liebe zum Detail und die enorm aufwendige Arbeit, die hinter jedem einzelnen Kleidungsstück steckt. Von den beiden Modeunternehmen haben wir mitgenommen, dass jedes Kleidungsstück es verdient, wertgeschätzt zu werden und so lange wie möglich in unserem Kleidungsschrank zu bleiben. Die beiden Modeunternehmen haben uns nachhaltig zum Denken angeregt und inspiriert über den Wert eines Kleidungsstücks nachzudenken.

Wir sind zum Schluss gekommen, dass Mode dazu da ist, um sich selbst auszudrücken und um die eigene Persönlichkeit zu unterstreichen. Die beiden Modeunternehmen «sne» und «enSoie» haben uns auch gezeigt, dass man immer neugierig und mutig sein soll, Neues auszuprobieren und seinen eigenen Stil zu finden.