Wer füllt die Lücke, die Federer hinterlässt?

Neue Generation im Schweizer Tennis – Das Schweizer Tennis befindet sich im Wandel. Nachdem Roger Federer die Karriere beendete, stehen die Jungen in einem neuen Licht und müssen nun alleine den Erfolgshunger der Schweizer Tennisfans stillen.

Raphael Rechsteiner

Am Laver Cup 2022 schaute die ganze Tenniswelt auf ihre Bildschirme und sah sich zum letzten Mal ein Spiel vom Maestro Roger Federer an. Die Bilder nach dem Spiel von Federer und Rafael Nadal, denen beiden Tränen die Wangen runterliefen, gingen um die Welt. Es war ein Verlust für die gesamte Tenniswelt und vor allem für die Tennisschweiz. Roger Federer war ein Sportler, der das Land wie niemand zuvor prägte und zum Sinnbild dieses Landes wurde.
Bei den Schweizer Tennisfans spürt man im Moment eine gewisse Ratlosigkeit und Ungewissheit, wie man diese grosse Lücke von Federer füllen möchte. Ist bei den aktuellen Spielern immer noch Qualität vorhanden? Wird das Schweizer Tennis im internationalen Tennis immer noch gleich anerkennt werden ohne Federer? Wird man in naher Zukunft wieder einmal einen Sonntag vor dem Bildschirm verbringen und einen Schweizer Grand-Slam-Sieg bejubeln können?


Die Lage aus Sicht von Swiss Tennis

Diese Unklarheit merkt auch Daniel Hubschmid. Er ist ausgebildeter Swiss Olympic Trainer und A-Trainer bei Swiss Tennis. Auch ist er Leiter der Tennistalentschule in Dübendorf. Um das Studium zu finanzieren konnte er die Tennistalentschule über- nehmen und so bis jetzt einige Top 1000 Spieler*innen hervor- bringen, wovon die beste im WTA-Ranking bis auf Platz 122 hervorstiess.
Hubschmid ist nicht besonders besorgt, um die Qualität bei Swiss Tennis: «Es gibt viele gute Spieler, bei den Frauen und bei den Männern. Es geht einfach weiter, man kann es nicht programmieren. Es gibt aber ein paar, die das Potenzial haben, es ganz nach vorne zu schaffen.» Dabei betonte er, dass es aus Sicht vom Schweizer Tennisverband schon ein grosser Erfolg ist, wenn es einer ihrer Spieler in die Top 100 der Welt schafft. In seiner Talentschule merkt Hubschmid kaum einen Unterschied von den Mitgliederzahlen vor und nach Federer. Tennis war in der Schweiz schon immer sehr populär und erlitt nach dem Boom in den 70er Jahren im Unterschied zu Deutschland keinen Einbruch der aktiv spielenden Spieler. Das Schweizer Tennis habe schon früh auf sehr hohem Niveau stagniert, wodurch es seit dem Einstieg von Federer auf der ATP-Tour keinen überdimensionalen Aufschwung gab. Im Tennis kommen laut Hubschmid die Idole häufig auch aus anderen
Ländern: «Meine Kinder haben früher genauso für einen Agassi oder für einen Sampras gefant, wie nachher für einen Roger Federer. Das spielt im Tennis nicht so eine Rolle.»
Im Training verwendet er Roger Federer gerne, um den Kindern seine Technik beizubringen, welche die beste auf der Tour gewesen sei. Vor kurzem erzählte Hubschmid wieder einmal von ihm und staunte dann nicht schlecht als die Kinder ihn im Training fragten, wer den dieser Roger Federer sei, von dem er ihnen immer erzähle. «Die letzten grösseren Erfolge von Roger liegen halt schon 5-6 Jahre zurück.»
Auch wenn es bei den Männern länger kein Grosserfolg mehr gab, gab es auf Seiten der Frauen gleich zwei mit dem Gold bei den Olympischen Spielen in Tokio von Belinda Bencic und dem Sieg des Frauen-Teams beim Billie Jean King Cup, der Weltmeisterschaft des Tennis.
Doch das käme auch bei den Männern wieder, wenn man nur genug geduldig ist, so Hubschmid. Mit Dominik Stricker und Leandro Riedi habe man zwei gute Pfeile im Köcher, bei welchen man sehr optimistisch ist, dass sie es mal in die Top 20 der ATP-Tour schaffen werden, wenn sie nur gut genug dranbleiben und sie keine Verletzung zurückwirft. Doch auch wenn diese Trümpfe nicht zustechen, gäbe es noch genügend Qualität in den nachfolgenden Generationen, welche auch dementsprechend gefördert werden.

Talentförderung bei Swiss Tennis

Diese Qualität, welche die neuen Talente mitbringen, ist dem nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel zu verdanken. Es bietet die besten Voraussetzungen, um die Schule und Tennis zu kombinieren. Solange die Spielerinnen und Spieler noch nicht auf der Profitour unterwegs sind, gibt es die sogenannten ITF (International Tennis Federation) Turniere, welche auf der ganzen Welt in diversen Jugendkategorien stattfinden. Mittlerweile gibt es in der Schweiz auch bereits sechs dieser leistungsorientierten Turniere, wobei die Tendenz steigend ist.
Die Tenniseuphorie scheint nicht zu bremsen zu sein in der Schweiz und dies sollte auch in Zukunft so bleiben. Auch die Erfolge sollten früher oder später wieder kommen mit neuen Spielergenerationen. Das sagt auch Hubschmid: «Es wird in Zukunft viele neue Namen geben, was auch das Schöne am Tennis ist. Es produziert immer neue Idole. Aber natürlich, Federer ist nicht vergessen!»

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