Schmerzmittelmissbrauch im Fussball – eine schwer kontrollierbare Grauzone

Fitgespritzt für das grosse Spiel  Aus welcher Motivation heraus und wodurch wird Mitteleinwurf betrieben und begünstigt?

Anel Hodzic, Erfahrung aus mehreren Europäischen Ligen

Das Thema Doping ist im Sport weit verbreitet. Doch nur selten werden Fussballerinnen und Fussballer wegen Dopingvergehen gebüsst. Es gibt aber eine Grauzone, die auch im Fussball verbreitet ist: der Schmerzmittelmissbrauch.

Im Gegensatz zu Doping handelt es sich dabei um eine überdosierte Einnahme von Schmerzmitteln. Es ist schwer kontrollierbar, da man die Mittel ohne Umstände in der Apotheke kaufen kann, da sie in normaler Dosis notwendig und ohne Bedenken einsetzbar sind.
Eine Studie mit ca. 1200 Teilnehmern vom Medienunternehmen CORRECTIV aus dem Jahr 2020 zeigt, dass im Amateurfussball in Deutschland 35 Prozent mehrmals pro Saison Schmerzmittel zu sich nehmen und 7,2 Prozent sogar vor jedem Spiel.


Doch welche Faktoren spielen eine Rolle bei der übermässigen Einnahme von Schmerzmitteln?
Es kann sehr viele verschiedene Gründe geben, wieso eine Fussballspielerin oder ein Fussballspieler Schmerzmittel in Überdosis zu sich nimmt:

Um Schmerzen lindern und keine Schwäche zu zeigen. 
Im Fussball wird der Spruch: «Kämpfen, bis man umfällt!» gerne gesagt. Man soll alles geben und am Schluss wird man als Held angesehen, wenn man sich durchbeisst. Es ist menschlich und wahrscheinlich alle, die Fussball spielen, streben unter anderem das Gefühl an, als Held gefeiert zu werden. Das hat zur Folge, dass sich viele Spieler selbst unter Druck setzen. Oder den Druck von Fans, Trainern und die Medien spüren, und denken, sie sollen bei leichten Schmerzen weiterspielen. Diese Denkweise kurbelt den Missbrauch der Medikamente an, da die Spieler im Moment des Geschehens oftmals nur die kurzfristigen Auswirkungen (als Held dastehen) und nicht die gesundheitlichen Folgen im Kopf haben. «In einer wichtigen Phase der Saison werden im Profifussball wichtige Spieler fitgespritzt, damit Sie spielen können und dem Verein und der Mannschaft helfen. Solche Entscheidungen werden unter anderem mit den Teamärzten und dem Trainerteam getroffen», sagt Anel Hodzic. Er ist Ex-Profifussballer in Deutschland, Belgien und Griechenland.


Um möglichst lange zu spielen.
Auch der Drang immer zu spielen, nie Pause zu machen, möglichst viel Spielzeit zu haben und somit auch mehr Prämien und Geld zu bekommen, ist gross. Die überdosierte Einnahme von Schmerzmitteln scheint somit zunächst eine einfache Lösung. Auch, um nach einer Verletzung schneller wieder auf dem Platz zu stehen. Auch hier können teilweise nebst einem selbst, aussenstehende Faktoren Druck ausüben, dass Spielerinnen und Spieler mehr spielen oder vorzeitig aus einer noch nicht verheilten Verletzung zurückkommen um wichtige Spiele zu spielen. «Ein Spieler steht vor einer Vertragsverlängerung oder einem Transfer ins Ausland, wird von anderen Clubs beobachtet, gescoutet oder sein Vertrag wird verlängert, wenn er noch eine gewisse Anzahl an Spielen absolviert. Auch wenn er verletzt ist, möchte er sich diese Chancen nicht ergehen lassen und spielt mit Schmerzmitteln. Selbstverständlich geht es da auch um finanzielle Aspekte», erklärt Anel Hodzic.


Um seine Leistung zu steigern, und sich mental sicher zu fühlen
Die Einnahme von Schmerzmitteln kann einem Spieler das ­Gefühl und die Sicherheit geben, man spiele besser und könne mehr Leistung abrufen. Denn durch die Einnahme von Schmerz­mitteln, werden Schmerzen verringert, was dazu führt, dass man eventuell ­kurzzeitig besser spielen kann. Langfristig gesehen wirkt es sich aber kontraproduktiv aus, da Schmerzen immer ein Warnsignal des Körpers sind, zu pausieren.


Die Einnahme von Schmerzmitteln in Überdosis kann, zwar in einigen Fällen kurzzeitig den gewünschten, positiven Effekt haben. Die langfristigen, gesundheitlichen Folgen sind aber sehr gross und Schmerzmittel sollten nur in einem normalen Masse, wie auf der Packungsbeilage beschrieben und nicht für andere Zwecke angewendet werden.

Jana Ripperger 

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